Aichung, Maaße und Wagen

Bemerkungen zur früheren Schreibweise der Begriffe Eichung, Maße und Waagen

- Uwe Kröger -

Die heute geltende und bekannte Schreibweise der Begriffe "Eichung, Maße und Waagen" ist nicht immer gleichbleibend gewesen, sondern veränderte sich im Laufe der Zeit. Trotz aller Bemühungen für eine einheitliche Rechtschreibung in den letzten zweihundert Jahren und der Herausgabe des ersten "Dudens" im Jahre 1880 scheinen die drei genannten Begriffe hinsichtlich ihrer Schreibweise ein wechselhaftes Eigenleben geführt zu haben.

"Aichen heißt, ein Gewicht oder Maaß mit einem anderen ächten und accuraten probiren, ob es richtig sey oder wie viel das Gefässe halte. Es heißt auch dieses Aichen oder justiren des Gewichts so viel, als das Gewichte abziehen. An manchen Orten, wo starker Weinwachs ist, hat man auch Wasser-Aichen, und hat es damit folgende Beschaffenheit:

Es werden die leeren Wein-Fässer zu den Brunnen-Kasten auf offenen Markt geführet, allwo ein geschworner Aicher mit seinem Maaß, welches unten einen Hahn hat, dadurch das Wasser, mit welchem das Maaß bis oben angefüllet ist, durch den Faß-Trichter in das Faß lässet. Sodann füllet der Aicher daraus die ledigen Fässer mit Wasser, und brennet mit einem Brenn-Eisen auf das Faß, wie viel Ohmen oder Kannen es hält." (Zedlers Universal-Lexicon - 1732)

Soweit ältere Vorschriften das Wort "Eichung" nennen, ist es überwiegend in der heutigen Schreibweise geschehen. Einzig von der Königlich Sächsischen Normal-Aichungscommission ist bekannt, dass sie sowohl in ihrem Namen als auch in ihren Verfügungen - beginnend mit Nr. 1 vom Jahre 1858 - die Schreibweise "Aichung" verwendete. Auf Anweisung des Kanzlers Otto von Bismarck, der die im Duden veröffentlichte Orthographieregelung für den Reichsdienst verboten hatte, wurde sie während seiner Zeit als Staatsminister (1880-1890) in "Aichung" geändert.

Seit April 1881 bis Mitte des Jahres 1903 verwendete der Aichungsinspektor in Kiel in seinen "Rundschreiben, das Aichungswesen betreffend", die er Circulare nannte, die neue Schreibweise.

Aus den seit Juni 1886 erschienenen "Mittheilungen der Kaiserlichen Normal-Aichungs-Kommission" wurden ab November 1903 die "Mitteilungen der Kaiserlichen Normal-Eichungs-Kommission". Eine Begründung zur geänderten Schreibweise, die seitdem bis heute gilt, wurde nicht gegeben. Wahrscheinlich steht sie im Zusammenhang mit den im Jahre 1901 beschlossenen "Regeln für die deutsche Rechtschreibung", die ein Jahr später im "Orthographischen Wörterbuch" von Konrad Duden veröffentlicht wurden.

Die frühere Schreibweise "Maaß" für das Wort "Maß" ist in vielen älteren Schriften zu finden. Mitunter hat es allerdings auch beide Schreibweisen nebeneinander gegeben. So beispielsweise beim Zitieren der "Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund" vom 17. August 1868 (BGBl. S. 473) unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung.

In der "Maß- und Gewichtsordnung" vom 30. Mai 1908 (BGBl. S. 349) wurde die heute noch gebräuchliche Schreibweise "Maß" verwendet. Kommentarlos übernahm die Kaiserliche Normal-Eichungs-Kommission diese seit dem Jahre 1910 in ihren Mitteilungen.

In älteren Verordnungen ist mitunter anstelle von "Waage" die Schreibweise "Wage" zu finden. Sowohl die Maaß- und Gewichtsordnung von 1868 als auch die ersten Ausgaben der Mitteilungen der Kaiserlichen Normal-Aichungs-Kommission enthalten die Schreibweise "Waage". Mit der Ausgabe vom November 1903 begann die Kommission "Wage" zu schreiben. Diese Form wurde auch in die Maß- und Gewichtsordnung von 1908 übernommen.

Im Jahre 1907 stellte ein Abgeordneter im Reichstag den Antrag, die Schreibweise "Waage" wieder einzuführen. Er berief sich darauf, dass das Wort "Wagen" auch ein Transportmittel bezeichne und dass durch die gleiche Schreibung beider Worte Verwechselungen und Missverständnisse möglich seien. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt.

Die Reichsanstalt für Maß und Gewicht erklärte in ihren Mitteilungen vom Oktober 1920, dass sie in Zukunft die Schreibart "Waage" verwenden wolle, weil durch die Schreibart "Wage" mehrfach Verwechselungen vorgekommen seien. Im Mai 1927 wurde diese Schreibart durch einen Erlass des Reichsinnenministers in die amtliche Rechtschreibung übernommen.

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